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Michael Moore plündert Europa

Wir haben Michael Moores neue Doku "Where to Invade Next" (ab 25.2.2016 im Kino) bereits gesehen - hier unsere Eindrücke!

Ein bisschen still war es geworden um den schwergewichtigen Mann aus Flint, Michigan, der mit seinen Dokumentarfilm-Polemiken der US-Gesellschaft und der Welt einen Spiegel vorgehalten hat wie kaum ein zweiter. Michael Moore hat, so scheint es, mit Barack Obamas Amtsantritt als US-Präsident ein bisschen sein Feindbild verloren; George W. Bush lieferte ihm den Stoff für seine Filme und machte ihn in den Augen der Politik zum Unruhestifter.

Jetzt, da sich Obamas zweite Amtszeit dem Ende nähert, ist Moore angesichts bellender Donald-Trump-Rundumschläge plötzlich wieder hellhörig geworden.

Moore hat wieder einen neuen Film gemacht, einen, der die provokante Frage stellt: „Where to invade next?“ Gemeint ist damit aber keine militärische Aktion, wobei Moore die US-Flagge dann doch auf seinen persönlichen Eroberungszug stets auf erobertem Grund hisst. Moore will nämlich in verschiedenen Ländern Europas einmarschieren, also er selbst, mit der Flagge. Der Grund dafür ist seine Vorstellung von „Good Old Europe“: Moore will sich die besten Ideen aus halb Europa zusammenklauen und sie in die USA importieren, wo sie dann - in seiner Vorstellung - adaptiert und als eigene Erfindung ausgegeben werden. „So haben wir das hier schon immer gemacht“, lächelt Moore.

Moore beginnt seinen Streifzug in lebenslustigen Italien. Dort erzählt ihm ein Pärchen in Florenz, dass die Italiener sechs Wochen bezahlten Urlaub haben und auch eine ebenso bezahlte Elternzeit. Dass Betriebe ausgedehnte Mittagspausen einhalten, weil das für die Zufriedenheit der Belegschaft unabdingbar sei. „Wieso gibt es das bei uns alles nicht“, staunt Moore.

Weiter nach Frankreich: Dort lernt Moore, dass gesundes, frisches Essen für Kinder an der Schule tagtäglich weniger Kosten verursacht als die Burger-Fritten-Variante der Amerikaner. In Frankreich, das ist kaum zu glauben, trinken die Kinder doch tatsächlich lieber Wasser als Cola!

Und so setzt Moore seine Invasion durch Europa fort: Er macht Station in Slowenien, in Island, Portugal, Finnland und Norwegen. Dort, im Land von Massenmörder Breivik, bewundert Moore den offenen Strafvollzug für Schwerverbrecher, die sich frei bewegen können.

Moores Europatournee hat einen Schönheitsfehler: Er selbst sagt gleich zu Beginn, dass er all die Probleme des Kontinents bewusst ausblendet, um nur die Blüten mit nach Amerika zu nehmen. Das spielt Moores Stil in die Hände, weil er ein Polemiker ist; das nutzt aber dem Thema nicht: Was Amerika sich von Europa ebenso abschauen müsste, wären die Dinge, die hier eben nicht funktionieren.

Aber dafür ist in der schwarz-weißen Welt Michael Moores (und Amerikas) kein Platz. Seine Filme zielen allesamt auf eine vorab fix zurechtgelegte Message ab, die Moore transportieren möchte. Dass er dabei nicht differenzieren kann und will, war zugleich immer die Stärke und der Schwachpunkt seiner Arbeiten. Spätestens, wenn Moore in Nürnberg bei der Bleistiftfabrik Faber-Castell einfällt, wo man ihm vorlebt, wie sehr sich Deutschland um die Aufarbeitung der eigenen Geschichte kümmert, kippt „Where to invade next“ in ein verklärendes Pseudo-Rührstück. Am Ende ist klar: Menschen wie Moore träumen von einer besseren Welt. Aber dieser Traum wird weder in Europa noch in den USA wahr.

WHERE TO INVADE NEXT - ab 25.2.2016 im Kino


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