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Emma Watson übt sich in Demut

Emma Watson im Interview zu ihrem neuen Film "Colonia Dignidad" (ab 19. Februar im Kino)

Chile, 1973. Lena und Daniel geraten während des Militärputsches in die Fänge der Geheimpolizei. Daniel wird verschleppt und Lena findet heraus, dass er in der hermetisch abgeriegelten Colonia Dignidad im Süden Chiles festgehalten wird. Nach Außen ein deutsches Musterdorf unter der Führung des Laienpredigers Paul Schäfer, kollaboriert die Colonia in Wahrheit mit Diktator Pinochet und lässt ihn dort politische Gefangene foltern und töten. Lena beschließt, sich der berüchtigten Sekte anzuschließen, um Daniel zu befreien..

Oscar-Gewinner Florian Gallenberger („John Rabe“) legt mit „Colonia Dignidad“ einen Thriller vor, der sich inspiriert von wahren Ereignissen vor dem Hintergrund eines der dunkelsten Kapitel des Kalten Krieges zuträgt. Lichtspiele sprach mit Hauptdarstellerin Emma Watson in London über den Film.

„Colonia Dignidad“ ist ein Film mit einem starken politischen Kontext. Wie wichtig war dieser Aspekt für Sie?

Emma Watson: Ich war geschockt, als ich das Skript gelesen habe. Ich konnte nicht glauben, dass es diese Sekte mit all deren grauenhaften Taten tatsächlich gab - und zweitens konnte ich es nicht glauben, dass ich noch nie zuvor davon gehört hatte! Ich habe zu recherchieren begonnen, und bald war klar, dass ich diesen Film machen möchte.

Lena, Ihre Filmfigur, ist eine sehr mutige junge Frau. Wie hätten Sie in solch einer Situation reagiert?

Das war genau einer der Gründe, wieso ich die Rolle angenommen habe - weil ich mich durchwegs gefragt habe: Wie würde ich an ihrer Stelle handeln? Wäre ich genauso mutig wie Lena? Ich glaube, Lena hat mich selbst mutiger gemacht. Ich fühle mich nun tapferer als vor den Dreharbeiten. Genau das ist doch das interessante an der Schauspielerei, zumindest für mich: Charaktere darzustellen, die einen persönlich inspirieren und im Leben weiterbringen.

Interessant am Film ist auch, dass nicht der Junge das Mädchen, sondern das Mädchen den Jungen rettet …

Auf jeden Fall, eine sehr interessante Rollenumkehr. Ich habe so viele Drehbücher gelesen, in denen ich die holde Maid, die gerettet werden muss, spielen hätte sollen … irgendwann hat mich das furchtbar gelangweilt. Mit „Colonia“ bekam ich endlich die Chance, eine sehr selbstbewusste, unabhängige junge Frau zu spielen, die weiß, was sie tut und keine Angst davor hat, ihre Ziele zu erreichen. Das war ein sehr wichtiger Grund, wieso ich die Rolle angenommen habe.

Im Film gibt es mehrere wirklich sehr intensive, heftige Szenen. Wie konnten Sie diesen Dreh emotional hinter sich lassen?

Daniel Brühl war mir dabei eine wichtige Stütze. Er ist ein sehr humorvoller Mensch und es hat mir gut getan, mit ihm Witze zu reißen. Ich habe auch immer ein Team von Leuten um mich herum, die mit mir reisen und mir zur Seite stehen. Diese Menschen stehen mir sehr nahe - zu wissen, sie sind für mich da, hat mir ebenfalls geholfen, mit diesen Szenen umzugehen.

Als bekennender Yoga-Fan haben Sie sich sicherlich auch auf diese Weise vorbereitet…

Ja, da war Yoga natürlich eine große Hilfe. Ich bin sogar so von Yoga begeistert, dass ich gerade die Ausbildung zur Yoga-Lehrerin mache. Ich möchte mich besonders auf Meditation fokussieren. Es eröffnet mir neue Perspektiven. Manchmal verrenne ich mich in Dingen und Gedanken, bin wie in einem Tunnel und finde aus nicht mehr den Ausgang. Aber 30 bis 40 Minuten komplett stillzusitzen und sich nur auf den eigenen Körper zu konzentrieren, hilft mir, den Kopf frei zu bekommen. Ich fühle mich danach gestärkt. Ich muss sagen, dass ich leicht in ein Gedankenkarussell gerate … und die Fähigkeit, dieses aktiv zu stoppen und „STOP!“ zu sagen ist tatsächlich wie eine Superheldenkraft.

Sie haben kürzlich einen „feministischen Buchklub“ gegründet …

Er heißt „Our Shared Self“ - der Titel wurde übrigens von Fans gewählt. Das erste Buch, das wir gemeinsam lesen werden, ist „My Life on the Road“ von Gloria Steinem. Ich denke, das ist ein sehr gutes Buch, um einen feministischen Buchklub zu starten. Aktuell habe ich nur noch drei Kapitel zu lesen. Danach werden wir über das Buch gemeinsam diskutieren.

Sie haben ebenso die Kampagne „HeForShe“ ins Leben gerufen. Hast Du seitdem schon eine Veränderung in diesem Bereich bemerkt, vielleicht auch in der Branche selbst?

Dieses Jahr werde ich mich sehr auf Taten konzentrieren. Wir dürfen nicht nur über Feminismus sprechen, sondern müssen ihn auch in der Praxis umsetzen und Ergebnisse vorweisen. Bisher habe ich das Gefühl, dass das Thema wieder mehr in den gesellschaftlichen Vordergrund gerückt ist und viel Aufmerksamkeit erregt hat. Feminismus bedeutet für mich Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern. Es geht darum, dass Männer und Frauen zusammenarbeiten müssen - und dass Feminismus auch Männersache ist. Nur dann ist eine wirkliche Gleichstellung möglich. Ich weiß, viele verstehen unter diesem Begriff viel mehr, aber für mich ist es im Grunde ziemlich simpel.

Sie haben eine Menge Filme und Projekte seit „Harry Potter“ gemacht - und trotzdem betonen die Medien bei jedem neuen Film, wie „sehr Sie nicht erwachsen geworden“ sind. Stört Sie das?

Dass alle überrascht sind, dass ich erwachsen geworden bin? Klar, manchmal ist es frustrierend. Aber eigentlich hat das doch keinen Sinn. Es ist, wie es ist. Die Leute werden sich daran gewöhnen, dass ich nicht mehr das kleine Mädel aus „Harry Potter“ bin. Irgendwann, wenn sie bereit dafür sind.

Wer sind Sie heute?

Wer bin ich heute … hm… Es ist natürlich ein Prozess, aber ich würde sagen, dass ich mich aktuell sehr wohl in meiner Haut fühle. Ich würde nicht nochmal Anfang 20 sein wollen.

Wieso nicht?

Ach, geht das nicht jedem so? Mit Anfang 20 weiß man nicht so recht, was man will, wohin man will, was man mit seinem Leben anfangen soll. Man versucht herauszufinden, wer man selbst ist und wer deine Freunde sind. Man steht vor so vielen schweren, lebensverändernden Entscheidungen. Das ist sehr herausfordernd und kann einen manchmal auch überfordern. Ich glaube, ich habe einige dieser Entscheidungen hinter mir und sie auch gut gelöst. Ich habe Freude an meiner Arbeit, habe meinen Lebensmittelpunkt in England und viele verschiedene Dinge, die mich interessieren und die mir Freude machen.

Machen Sie Pläne, was Ihr Leben betrifft?

Man sagt ja, Gott lacht über unsere Pläne. Und ich bin derselben Meinung. Natürlich habe auch ich Hoffnungen, Träume und Wünsche. Aber ich glaube, man muss alles im Leben als Geschenk betrachten.

Interview: Manuel Simbürger

AB 19.2. im Kino


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