Woody Allen im Interview
- c-magazine
- 9. Nov. 2015
- 2 Min. Lesezeit
In „The Irrational Man“ erzählt Altmeister Woody Allen von einem Literaturprofessor, gespielt von Joaquin Phoenix, der zwischen Alkohol und Depression am Leben zu zerbrechen droht, bis er die Idee hat, all dem Gerede seiner Lieblingsphilosophen endlich Sinn zu verleihen: Er will den tyrannischen Ehemann einer Frau ermorden, deren Wehklagen er nur zufällig mitgehört hat. Würde dieser Mensch nicht mehr leben, wäre die Welt ein Stückchen besser, ist der Professor überzeugt.
In Joaquin Phoenix hat Allen den idealen abgewrackten, versoffenen Uniprof gefunden, der sich gegen Affären mit Studentinnen wehrt, dann aber doch mit seiner Lieblingsstudentin (Emma Stone) im Bett landet. Die neuen Lebensgeister, die der Mord in ihm weckt, ändern sein Leben von Grund auf.

Wir sprachen mit Woody Allen über seinen Film:
Mr. Allen, was gibt es über Joaquin Phoenix zu sagen?
Woody Allen: Joaquin ist ein sehr netter Typ. Er ist immer pünktlich am Set, kennt seinen Text, ist sehr zuvorkommend. Hinzu kommt: Der Typ hat eine ganz eigene Qualität. Wenn man ihn irgendwo sitzen sieht, dann macht er einen wahnsinnig gequälten Eindruck. Und das, obwohl es gar keinen Grund dafür gibt, dass er so dreinschaut. Auch, wenn rundherum alles fröhlich ist, irgendetwas geht in ihm vor, dass er sich so gequält fühlt. Ich weiß nicht, was das ist. Und genau deshalb war er perfekt für diesen zerstreuten College-Professor. Ich musste ihm keinerlei Anweisungen geben. Er brauchte nur vor der Kamera zu stehen und seinen Text zu sagen. Er sah aus wie ein Lehrer mit Burn-out-Syndrom, der vor sich hinleidet.
Dieser Professor hat gleich zwei Affären gleichzeitig. Was sehen diese Frauen nur in ihm? Eine der beiden schläft grundsätzlich mit jedem am Campus, weil sie sich in ihrer Ehe gefangen fühlt. Emma Stone wiederum spielt eine seiner Studentinnen, und die verknallen sich logischerweise in ihre Lehrer, das war schon immer so. Dabei muss der Lehrer gar nicht gut aussehen. Ich finde nämlich nicht, dass Joaquin besonders gutaussehend ist. Wenn Brad Pitt der Lehrer ist, dann verlieben sie sich in ihn, weil er hübsch aussieht. Doch weit mehr Frauen bekommen einen Stand auf ihren Lehrer, weil er verletzlich ist, weil er ihre Hilfe braucht und selbstzerstörerisch ist.
Ist der College-Professor, der Leute umbringen will, weil er die Welt verbessern möchte, ein wenig wie Woody Allen? Ich hoffe nicht, dass Joaquin eine Kopie von mir spielt. Das sicher nicht. Aber natürlich habe ich mir schon oft überlegt, jemanden zu töten. Wie alle Menschen.
Wen wollten Sie umbringen? Lassen Sie es mich so sagen: Wenn ich alle Leute umbringen würde, die ich umbringen will, wäre ich der einzige Überlebende auf der Welt.
Glauben Sie, dass Mord legitimierbar ist? Ja, unter gewissen Umständen schon. Ich gebe Ihnen ein absurdes Beispiel: Wenn Sie wüssten, dass jemand einen Anschlag auf eine Schule plant, um dort 500 Kinder zu töten, dann würden Sie ihn doch vorher töten, das wäre moralisch zu rechtfertigen, oder nicht? Sie hätten damit 500 unschuldige Kinder gerettet. Das ist ein extremes Beispiel. Aber solche Situationen gibt es.
KINOSTART: 12.11.2015
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